Hallo in die Runde,
es folgt – nein nicht die Weihnachtsgeschichte –, sondern mein persönlicher Rückblick auf das Jahr 1974.
Seit Ende 1973 hatte ich mein Abiturszeugnis in der Hand und besaß mein erstes Auto: einen sechs Jahre alten VW 1500 Käfer, den ich meinen Eltern zum „Familienpreis“ abkaufen konnte – meine Eltern schwammen nicht gerade in Geld und wollten sich einen VW Passat kaufen und „selbstverständlich“ nicht auf Kredit. Den orangen Käfer hatte ich am 22. Februar am Block Bentlage im Bild geparkt, als ich dort 042 145 mit dem Ng 17331 Rheine–Emden fotografierte.
Filmmaterial und -entwicklung
Und vorab noch einiges zur Fotografie damals. Im digitalen Zeitalter sind wir Blendenwerte und Belichtungszeiten von f = 8 und 1/500 Sekunde gewohnt und 400 ASA ergeben bei den meisten Kameras hervorragende Bilder. In den 70er-Jahren waren sw-Filme mit 18 DIN (50 ASA) Voraussetzung, um bei Kleinbildnegativen feinkörnige Abbildungen zu erhalten. Die sich daraus ergebenden Belichtungszeiten und Blendenwerte kann sich jeder selbst ausrechnen.
Nachdem ich meine Filme ab 1973 selbst entwickelte, hatte ich mich auf den Ilford Pan F eingeschworen, der als Pan F Plus bis heute produziert wird. Diesen entwickelte ich in Tetenal-Emofin, einem Entwickler, der aus zwei Bädern bestand, eine weiche Abstufungen der Grauwerte ergab und eine Steigerung der Filmempfindlichkeit um 3 DIN ermöglichte ohne dass das Filmkorn stärker in Erscheinung trat – s. Emofin. Auch wenn ich hier nur heruntergerechnete Bilder zeige: Gescannt sind alle Fotos vom Negativ mit einem Epson V700, bearbeitet im Photoshop und abgespeichert in einer Auflösung, die einen Abdruck mindestens in A4-Größe, häufig auch in A3 zulässt.
Fototouren
Nachdem seit Sommerfahrplan 1973 die Wittenberger 01.5 nicht mehr nach Hamburg kamen, musste man schon Tagestouren unternehmen, um Dampfloks aufzunehmen (Büchen mit den 50.40 aus Hagenow-Land hatte ich zu der Zeit noch nicht auf dem Schirm). Als nächstgelegene Ziele boten sich die Strecken Rheine–Emden und Lehrte–Braunschweig an.
Der am stärksten befahrene Abschnitt der Strecke Rheine–Emden zwischen Rheine und Salzbergen war etwa 275 km entfernt, nach Hämelerwald an der Strecke Lehrte–Braunschweig waren es 100 km weniger. Also unternahm ich die ersten Touren dorthin, auch wenn dort „nur“ Loks der BRen 044 und 050–053 verkehrten.


Nachdem ich am 4. Januar noch eine Reihe weiterer „ganz normaler“ Streckenaufnahmen gemacht hatte, nutzte ich eine weitere Fahrt am 1. Februar um auch mit Gegenlichtaufnahmen zu experimentieren. Den Anfang machte aber ein Zug, der nach einer Überholung in Hämelerwald gerade bei meiner Ankunft noch vor Sonnenaufgang wieder losfuhr.




Diesmal ging es auch nicht gleich wieder nachhause, sondern am Abend weiter nach Ottbergen. Leider war am nächsten Tag das Wetter eher suboptimal, als der nur einmal in der Woche verkehrende Leerpark des „Quadrath–Ichendorfer“ die Steigung zum Ertinghäuser Tunnel erklomm. 30 leere Ucs wogen nur etwa 350 t und waren für die 044 keine ernstzunehmende Last (die Grenzlast betrug hier 1.270 t), sodass der Zug im flotter Fahrt unterwegs war. Ganz anders der werktags verkehrende Dg 6770 Ellrich–Altenbeken. Er hatte fast immer Grenzlast bzw. die obligatorischen 10% Überlast, was dazu führte, dass 044 204 am Einfahrsignal von Bad Driburg im letzten Sonnenlicht nur noch im Schritttempo voran kam.


Da ich die Tour mit dem „bekannten Hamburger Taxifahrer“ unternommen hatte, durften natürlich auch Lokportraits im Bw nicht fehlen. Das schöne Wetter am Sonntag nutzten wir für Besuche in den Bw Braunschweig und Lehrte.


Zwei Wochen später, am 17. Februar, die nächste Fototour – schließlich hatte zwischen Ende der Schulzeit und Beginn des Sommersemesters genug Freizeit –, diesmal ging es zur EK-Sonderfahrt in den Harz.

Deutschlandtour
Auch wenn 1974 der Dampflokeinsatz bei der DB noch nicht zuende ging, zeichnete sich das Ende doch ab. Die Baureihen 001 in Hof und 064 in Heilbronn und Weiden hatten 1973 den Plandienst quittiert. Aber noch verkehrten zwischen Rheine und Emden bzw. Norddeich Mole ölgefeuerte 012, 042 und 043, 023 in Crailsheim, Kaiserslautern und Saarbrücken und das Bw Rottweil setzte die letzten 038 und 078 in einem ein- bzw. zweitägigen Umlauf ein. Daneben gab es in etlichen Bw noch Einsätze von Lok der BR 044 und 050–053 in schwerem Streckendienst. Was lag also näher, als vor Beginn des Studiums diese Einsätze noch einmal zu erleben?
Am 22. Februar ging es los. Erstes Etappenziel war Aschendorf an der Strecke Rheine–Emden. Als ich dort ankam empfing mich dichter Nebel.

Auch danach wurde das Wetter nicht besser (s. Foto ganz oben). Auch der 23. Februar begann mit Nebel, aber lange nicht so dicht und diesmal war es auch nur Frühnebel.




Am Sonntag entstanden nur Lokfotos, überwiegend von Loks der BR 50, in den Bw Mayen, Ehrang und Dillingen. Auch Montag der 25. Februar begann in Saarbrücken mit Bw-Bildern. Das Wetter wurde im Laufe des Tages wieder schlechter, sodass kaum brauchbare Streckenaufnahmen aufzunehmen waren und auch die Folgetage erforderten entweder lange Belichtungszeiten oder eine ganz geöffnete Blende.







Im Schwarzwald
Für einen Besuch im Schwarzwald wurde es so langsam höchste Zeit: Die beiden letzten P8 – 038 382 und 038 772 – fuhren in einem zweitägigen Umlauf; das bedeutet an Auswaschtagen musste eine 050–053 einspringen. Ähnlich verhielt es sich mit dem eintägigen Umlauf der letzten T18 – 078 246. Und am ersten Tag, dem 27. Februar, kam dann auch die Ernüchterung: Sowohl im P8-Plan als auch im T18-Plan liefen „nur ’ne Fuffziger“ – und das schlechte Wetter tat ein Übriges.



Der nächste Tag begann perfekt: mit Temparaturen um 0°C, leichtem Neuschnee und strahlendem Sonnenschein … und (0)78 246. Und auch den Planleistung zwischen Freudenstadt und Hausach erbrachte 038 382.




Vor der Weiterfahrt nach Crailsheim blieb am 1. März noch Zeit für ein weiteres P8-Foto: Wie bereits zwei Tage zuvor beförderte 038 382 nicht den frühmorgendlichen N 3960 nach Sindelfingen (und auch die Übergaben im Raum Böblingen und Sindelfingen entfielen), sondern erst den N 3968.

Crailsheim–Lauda–Heilbronn
1974 gab es an Wochenenden nur noch wenige Damflokleistungen. Nächstes Ziel war daher Crailsheim, wo einige Züge auch (oder umlaufbedingt sogar nur) sonntags von 023 gezogen wurden. Dazu gehörte der E 1643 Neckarelz–Würzburg.




Hartmannshof–Neukirchen bei Sulzbach-Rosenberg
Am Ende der Rundreise standen zwei Tage zwischen Hartmannshof und Neukirchen bei Sulzbach-Rosenberg auf dem Programm. Das Wetter war gewöhnungsbedürftig, die Eindrücke überwältigend.






6. April 1974
Danach war mein Fotografierjahr beinahe um. Eine vorerst letzte Tour bevor mein Studium begann unternahm ich am 6. April an die Emslandstrecke. Um 3.00 Uhr fuhr ich los – Fernlicht brauchte ich bei Beinahe-Vollmond und sternenklarem Himmel nicht. 20 Minuten vor Sonnenaufgang (um 5.57 Uhr) kam ich am Bk Bentlage an. Es folgte ein Tag Sonne pur mit 42 Dampfzügen in 12½ Stunden.



Das letzte Bild des Tages habe ich übrigens als zweites Bild in diesem Blog-Beitrag gezeigt.
Ich wünsche allen geruhsame Feiertage und alles Gute für 2025.
Viele Grüße aus Hamburg
Stefan Carstens