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Heute vor 45 Jahren

Hallo aus Hamburg,

während meines Studiums wohnte ich in Norderstedt. Da Norderstedt zum Kreis Segeberg gehört, in einem damals grenznahen Kreis. Das gab mir die Möglichkeit Mehrfachberechtigungsscheine für die Einreise in jeweils drei grenznahe Kreise der DDR zu beantragen – und zwar für alle grenznahen Kreise.

28. Mai 1979

Im Frühjahr 1979 besaß ich einen solchen Mehrfachberechtigungsschein für die Kreise Sonneberg, Neuhaus und Saalfeld. Diesen nutzte ich am 28. Mai, nachdem ich aus Süddeutschland angereist war, für die Einreise. Das erste Bild entstand mit dem P 18005 Saalfeld – Sonneberg bei „Wolkenpoker“ vorm Finsterngrund (s.o.).

Auch bei dem nachfolgenden Ng 64437 Probstzella – Ernstthal (– Neuhaus) hatte sich das Wetter nicht grundlegend geändert, nur dass die Wolkenlöcher inzwischen bisweilen etwas größer waren. Für diese Nahgüterzüge betrug die Grenzlast nur 320 t = zehn volle Zweiachser! – Die Viadukte ließen nur 16 t Achslast zu. Diese Last hatte 95 0045, eine zu der Zeit  sauberen 95er, am Haken und auch sonst passte alles: Oberhalb des Einschnitts im Finsterngrund gab es eine kleine Lücke zwischen den dort stehenden Nadelbäumen. Diese Lücke kannten nicht nur die Fotografen, sondern auch die Personale des Bw Probstzella. – Und der Lokführer hatte mich gesehen, gab seinem Heizer ein Signal und der dreht die Ölzufuhr auf …

95 0020 mit dem Ng 64437 Probstzella – Ernstthal am 28. Mai 1979 im Finsterngrund.
95 0045 mit dem Ng 64437 Probstzella – Ernstthal am 28. Mai 1979 im Finsterngrund.

 

Auf dem rund 5 km langen Streckenabschnitt Lichte – Ernstthal betrug die Steigung der Strecke durchgehend nahezu 30 ‰. Es war daher nicht ungewöhnlich, dass auch ohne die Anwesenheit von Fotografen hinter Lichte erst einmal wieder geheizt wurde …

95 0020 mit dem P 18005 Saalfeld – Sonneberg am 28. Mai 1979 bei Lichte.
95 0016 mit dem P 18005 Saalfeld – Sonneberg am 28. Mai 1979 bei Lichte.

 

Damit war für mich das „Programm“ im Finsterngrund beendet. Den P 18005 zu verfolgen machte für mich keinen Sinn: Ab Ernstthal rollte der Zug bergab, ab Lauscha dann mit einer rückwärts fahrenden Lok.

Viel interessanter war da schon der Gegenzug P 18006 Sonneberg – Saalfeld, insbesondere, da er der einzige Zug war, bei dem die Sonne so weit herumkam, dass sie die Lok von vorn anstrahlte. Daher fuhr ich nach Blechhammer. Nachdem 95 0016 an mir vorbeigerollt war, dauerte es auch nicht lange, bis 95 0005 nach der Zugkreuzung mit dem P 18006 aus Blechhammer ausfuhr – aufmerksam von einem Schaf beobachtet.

95 0005 mit dem P 18006 Sonneberg – Saalfeld bei der Ausfahrt aus Blechhammer.
95 0005 mit dem P 18006 Sonneberg – Saalfeld bei der Ausfahrt aus Blechhammer.

 

Da bis Steinach die Straße unmittelbar neben der Bahnstrecke verlief, war es ein Leichtes den Zug zu verfolgen und an einigen weiteren Stellen zu fotografieren.

95 0005 mit dem P 18006 Sonneberg – Saalfeld hinter Blechhammer.
… hinter Blechhammer.

 

Das bemerkte auch der Heizer – ein laubfroschgrüner VW Golf war kein alltäglicher Anblick – und leistete seinen Beitrag zum Gelingen des nächsten Fotos.

95 0005 mit dem P 18006 Sonneberg – Saalfeld zwischen Blechhammer und Steinach.
… zwischen Blechhammer und Steinach.
95 0005 mit dem P 18006 Sonneberg – Saalfeld in Steinach.
… in Steinach.

 

Hinter Steinach wechselt die Strecke die Richtung, sodass die Ausleuchtung hier ungünstiger ist. Außerdem schwächelte die Sonne inzwischen, sodass ich es bei einem Foto bei der Einfahrt in Lauscha beließ. Standpunkt war oberhalb der Strecke nach Ernstthal, zu der die Telegrafenleitungen im Vordergrund gehörten.

95 0005 mit dem P 18006 Sonneberg – Saalfeld am Einfahrsignal von Lauscha.
… am Einfahrsignal von Lauscha.

 

Damit war der Tag aber noch nicht zuende. Ich wollte unbedingt einmal ein Bild der Ausfahrt aus dem Lippelsdorfer Tunnel machen. Aufnehmen ließ sich das Motiv nur bei bedecktem Himmel (in schwarzweiß) oder Ende Mai/Anfang Juni mit dem letzten Zug, da allein dann die Sonne so hoch stand, dass sie das Tunnelportal noch ausleuchtete. Leider kam an dem Abend nur die arg schmutzige 95 0020. (Zwar machte ich noch ein zweites Bild im vorderen Sonnenloch, aber auf dem ist dann nur noch wenig vom Tunnel zu erkennen.)

95 0020 mit dem P 18007 Saalfeld – Sonneberg am 28. Mai 1979 am Lippelsdorfer Tunnel.
95 0020 mit dem P 18007 Saalfeld – Sonneberg am 28. Mai 1979 am Lippelsdorfer Tunnel.

 

Jetzt war das Tagesprogramm für mich fast beendet und ich machte mich auf den Weg zum Grenzübergang Eisfeld. Nicht sicher war ich mir, ob das Licht noch für ein Bild des abends verkehrenden GmP 69486 Sonneberg – Eisfeld ausreichen würde. Die einzige Stelle war bei Grümpen …

95 0027 mit dem GmP 69486 Sonneberg – Eisfeld am 28. Mai 1979 bei Grümpen.
95 0027 mit dem GmP 69486 Sonneberg – Eisfeld am 28. Mai 1979 bei Grümpen.
95 0027 mit dem GmP 69486 Sonneberg – Eisfeld am 28. Mai 1979 bei Grümpen.
… und der Nachschuss.

29. Mai 1979

Da es am Vorabend aufgeklart hatte, beschloss ich am nächsten Morgen mein Glück erneut zu versuchen. Da die Einreise länger gedauert hatte als sonst, blieb für den ersten Zug, den P 18010 keine Zeit mehr für die Motivsuche und ich nahm ihn nur bei der Ausfahrt aus Effelder auf.

95 0027 mit dem P 18010 Eisfeld – Sonneberg am 29. Mai 1979 in Effelder.
95 0027 mit dem P 18010 Eisfeld – Sonneberg am 29. Mai 1979 in Effelder.

 

Bald darauf folgte der P 18014 für den ich mir ein ganz bestimmtes Motiv schon länger vorgenommen hatte: Den Streckenabschnitt zwischen Rauenstein und Seltendorf. Am Ende der Steigung hinter Rauenstein (bei der Lücke zwischen den Bäumen im Hintergrund) hatte ich schon mehrfach gestanden, sodass es mal etwas anderes sein sollte. Zum Glück zog die saubere 95 0014 den Zug und auch wenn dem einen oder anderen das Bild bekannt vorkommen sollte, zeige ich es hier … 😉

95 0014 mit dem P 18014 Eisfeld – Sonneberg am 29. Mai 1979 zwischen Rauenstein und Seltendorf.
95 0014 mit dem P 18014 Eisfeld – Sonneberg am 29. Mai 1979 zwischen Rauenstein und Seltendorf.

 

Bei dem Licht und der sauberen Lok konnte ich mir eine Verfolgung des Zugs nicht verkneifen …

95 0014 mit dem P 18014 Eisfeld – Sonneberg am 29. Mai 1979 in Effelder; im Hintergrund ist das Einfahrsignal preußischer Bauart zu erkennen.
95 0014 mit dem P 18014 Eisfeld – Sonneberg am 29. Mai 1979 in Effelder; im Hintergrund ist das Einfahrsignal preußischer Bauart zu erkennen.

 

Danach stand der P 2600 Sonneberg – Eisfeld auf dem Plan. Dieser war bis Effelder aus zwei Zuggarnituren gebildet, dem eigentlichen P 2600 und dem Wagenpark des P 18002 mit einer SLz, die in Effelder getrennt wurden.

95 0041 und 95 0024 als SLz mit dem P 2600 Sonneberg – Eisfeld am 29. Mai 1979 vor Effelder.
95 0041 und 95 0024 als SLz mit dem P 2600 Sonneberg – Eisfeld am 29. Mai 1979 vor Effelder.
95 0024 als SLz am P 2600 Sonneberg – Eisfeld am 29. Mai 1979 bei Effelder.
95 0024 als SLz am P 2600 Sonneberg – Eisfeld am 29. Mai 1979 bei Effelder.

 

„Showtime“: Auch hier hatte das Lokpersonal mich bzw. den grünen Golf gesehen und leistete seinen Beitrag zum Gelingen des Fotos.

95 0024 mit dem P 18002 Effelder – Sonneberg – Saalfeld am 29. Mai 1979 kurz hinter Effelder.
95 0024 mit dem P 18002 Effelder – Sonneberg – Saalfeld am 29. Mai 1979 kurz hinter Effelder.

 

Danach war ein Standortwechsel für den P 18017 Sonneberg – Eisfeld angesagt, der im besten Licht hinter Rauenstein zu fotografieren war. Mit ihm kehrte 95 0027 aus Sonneberg zurück. Ungewöhnlich war, dass an dem Tag noch eine zweite Lok – 95 0044 – als Zuglok vorgespannt war, noch ungewöhnlicher war, dass sie rückwärts fuhr.

95 0027 und 95 0044 mit dem P 18017 Sonneberg – Eisfeld am 29. Mai 1979 zwischen Rauenstein und Grümpen.
95 0027 und 95 0044 mit dem P 18017 Sonneberg – Eisfeld am 29. Mai 1979 zwischen Rauenstein und Grümpen.

 

Für mich wurde es Zeit zu einem „großräumigen“ Ortswechsel: rund 30 km nach Lippelsdorf, um dort den P 18001 Saalfeld – Sonneberg aufzunehmen.

95 0009 mit dem P 18001 Saalfeld – Sonneberg am 29. Mai 1979 bei der Abfahrt am Haltepunkt Lippelsdorf.
95 0009 mit dem P 18001 Saalfeld – Sonneberg am 29. Mai 1979 bei der Abfahrt am Haltepunkt Lippelsdorf.

 

Da die Bahnstrecke von Lippelsdorf in einem weiten Bogen über Schmiedefeld nach Lichte verläuft, war ich im Vorteil und konnte mich in Ruhe am Viadukt in Lichte postieren.

95 0009 mit dem P 18001 Saalfeld – Sonneberg am 29. Mai 1979 auf dem Viadukt in Lichte.
95 0009 mit dem P 18001 Saalfeld – Sonneberg am 29. Mai 1979 auf dem Viadukt in Lichte.

 

Anschließend ging ich zu Fuss den Weg im Finsterngrund hinauf – irgendwie war inzwischen die Luft raus und das Wetter begann auch zu schwächeln: Durch die Wolkenschleier wurden die Lichtverhältnisse immer kritischer. (Hinzu kam, aber das wusste ich bei der Aufnahme noch nicht: Der in Lippelsdorf neu eingelegte Kodachrome 25 hatte einen Emulsionsfehler oder wurde falsch entwickelt: Die Bilder haben alle einen Magentastich, der bei dem warmen Licht morgens beim Digitalisieren noch weitgehend auszugleichen ist, aber im Verlauf des Tages im deutlicher in Erscheinung tritt.)

95 0027 am 29. Mai 1979 mit dem P 18004 Sonneberg – Saalfeld auf dem Finsterngrundviadukt.
95 0027 am 29. Mai 1979 mit dem P 18004 Sonneberg – Saalfeld auf dem Finsterngrundviadukt.
950022 am 29. Mai 1979 mit dem Ng 64437 Probstzella – Ernstthal (– Neuhaus) auf dem Finstergrundviadukt
950022 am 29. Mai 1979 mit dem Ng 64437 Probstzella – Ernstthal (– Neuhaus) auf dem Finstergrundviadukt

 

Nach dem Ng hatte ich keine Lust mehr und machte mich auf den Heimweg.

45 Jahre später

… sitze ich am Rechner und schreibe einen neuen Blogbeitrag. Aber nicht nur das: Auch an den Büchern arbeite ich weiter. Güterwagen Band 10 kommt so langsam auf die Zielgerade: Der Lektor war fleißig (vier von fünf Durchgängen sind fertig und harren der Einarbeitung), und die Bearbeitung der Bilder für den Druck macht Fortschritte.

Und auch dieses Buch – Bahndienst- und Dienstgüterwagen Band 2 – habe ich inzwischen in Angriff genommen, Wolfgang Henn hatte bereits im Vorjahr mit der Recherche und dem Manuskript begonnen: Es soll 2025 erscheinen.

Viele Grüße
Stefan Carstens