Hallo und Buon Giorno,
zu den letzten Blogbeiträgen „Rückblick und Ausblick“ gibt es doch noch eine Ergänzung; diesmal wieder mit sehr viel Text.
Nachdem ich 2011 in den „Ruhestand“ gegangen war, beschloss ich einmal jährlich eine etwa zweiwöchige Rundreise durch Deutschland zu machen, um Freunden zu besuchen und mit der Verlagsgruppe Bahn neue Projekte abzustimmen und auch um den Kontakt zu Modellbahnfirmen zu pflegen: Mir war und ist es wichtig Menschen, die mit mir zusammenarbeiten, auch persönlich zu kennen. In einem Gespräch von Angesicht zu Angesicht erfährt man viel mehr über den Anderen als am Telefon und Einiges, was als Geschäftsbeziehung begann, hat sich im Laufe der Jahre zu einer privaten Freundschaft entwickelt.
Rundreisen
Die Route führte (mit kleineren Abweichungen oder auch umgekehrter Richtung) in der Regel von Hamburg über Berlin und Märkisch-Buchholz mit einem weiteren Stopp in Delitzsch über Sonneberg nach Neuhaus zu Alexa und Willy (Kosak), mit beiden verband mich seit Mitte der 1990er-Jahre eine langjährige Freundschaft. Von dort ging es weiter nach Zirndorf (bei Nürnberg) mit Abstechern nach Altdorf, Fürth und Gräfenberg und dann weiter nach Bergheim. Es folgte ein meist zweitägiger Besuch bei der VGB in Fürstenfeldbruck, um auch genügend Zeit für Gespräche mit allen Redakteuren zu haben und zwischendurch Klaus Holl in München besuchen zu können. Der Rückweg führte dann meistens über Lauingen, Remshalden und Göppingen nach Leinfelden-Echterdingen. Anschließend standen noch Besuche bei Wolfgang Henn in Groß-Zimmern und Gerhard Fleddermann in Mainz auf dem Plan, bevor es mit einem Abstecher in Gießen und Buseck wieder nachhause ging. Die letzte Tour unternahm ich Anfang März 2020, wenige Tage bevor die WHO Corona zur Pandemie erklärte …
Auch in den Folgejahren fielen diese Reisen aus, dafür legten Silke und ich bei unseren Urlaubsfahrten an den Lago Maggiore oder den Lago di Garda etc. einen Zwischenstopp in Fürstenfeldbruck oder in Bergheim ein – und seitdem wir mit Willy unterwegs sind auch noch zusätzliche Stopps in Deutschland: 650 km/Tag macht er klaglos mit, mehr wollen wir ihm nicht zumuten.
Auch bei der Fahrt nach Garda vor 1½ Wochen machten wir einen Zwischenstopp in Bergheim. Obwohl ich nun keine Anschriften mehr erstelle, bei der Recherche für neue Modelle oder bei der Empfehlung von Varianten und Wagensets werde ich auch künftig gern noch „mitspielen“.
Ein weiterer Besuch, der seit der Verlagsgründung fester Bestandteil ist, ist ein Abstecher zu Fotolito Varesco in Auer (Südtirol), der Druckerei, die bereits zu VGB-Zeiten etliche meiner Bücher produziert hat und auch weiterhin für mich die erste Wahl ist. Wahrscheinlich würde ich die Bücher z.B. in Slovenien zu einem geringeren Preis drucken lassen können, aber mir ist die sehr gute Abstimmung zur Druckfreigabe und Qualität, die ich bei Varesco bekomme, wichtiger als eine mögliche Kosteneinsparung. Dazu gehört z.B., dass Varesco bei den Klebebindungen der Broschüren keine Billig-Klebstoffe verwendet, bei denen die Broschüren nach dreimal aufblättern auseinanderfallen, sondern einen PUR-Kleber, der auch brachiales Aufbiegen nicht gleich übelnimmt.
Bei meinem diesjährigen Besuch gab Klaus Pircher (Abteilungsleiter Druckvorstufe) mir viele interessante Information zu neuen technischen Entwicklungen, z.B. dass die Heidelberger Druckmaschinen der neusten Generation automatisch nachjustieren, sodass der früher nach längerer Druckzeit bisweilen am Rand von Druckbögen auftretende Versatz der Druckfarben der Vergangenheit angehört oder dass es heute Möglichkeiten der computergesteuerten Farbprofilumwandlung gibt, die den zur Verfügung stehenden Farbraum optimal ausnutzen.
Wir sprachen aber nicht nur über künftige Projekte und Fertigungsmöglichkeiten, sondern er gab mir auch einen gerade fertig zusammengetragenen Buchblock von Güterwagen Band 10 mit. Die Seiten sind inzwischen beim Buchbinder, der die Fertigstellung Ende September zugesagt hat. Danach werden die Bücher an die Modellbahn Union, die Lokomotive Fachbuchhandlung und an mich (Beleg- und Besprechungsexemplare etc.) versandt; erfahrungsgemäß dauert der Transport solcher Beiladungen bis zu einer Woche. Übrigens: Auch in Südtirol mangelt es inzwischen vielfach an qualifizierten Mitarbeitern, sodass vieles nur noch in deutlich längerer Zeit zu erledigen ist, als noch vor ein paar Jahren.
Bildvorlagen
Und jetzt folgt trockene Theorie, die vermutlich keinen interessiert: Die Bilder nicht nur in meinen Büchern haben die verschiedensten Quellen. Graustufenbilder sind bestenfalls vom Negativ gescannt (wie z.B. alle Fotos von Fritz Willke, Dr. von Cosel, Peter Driesch etc.) oder Scans von Papierbildern. Letztere sind oft schon verlustbehaftet, wenn die Abzüge in ganz hellen und ganzen dunklen Bereichen keine Zeichnung mehr haben. Soweit ich diese Bilder selbst scanne, versuche ich natürlich schon hier durch die Voreinstellungen möglichst viel Bearbeitungsspielraum zu bekommen.
Aufwendig wird es, wenn man mehrere Scans zu einem Bild zusammensetzen muss, wie das aus zwei 6×6-Negativen entstandene Foto von Philipp Schreiber: Auf einem fehlen die Puffer der Lok, auf dem anderen ist der Tender angeschnitten.
Das lässt sich aber noch steigern: Das nachfolgende in Güterwagen Band 10 abgedruckte Foto war in der DR-Akte aus zwei unterschiedlich dunklen und kontrastarmen Abzügen von zerkratzten Negativen mit unterschiedlichen Fluchtpunkten zusammengesetzt: Die Hauptarbeit war die beiden Bilder so zu verzerren und die Graustufen so anzupassen, dass sie wie eines wirken. Bei genauem Hinsehen ist die Kante zwichen den linken Fenstern des hohen Gebäudeteils und zwischen der 3. und 4. Achse noch zu sehen, aber nach einer ¾ -Stunde Arbeit reichte mir das untenstehende Ergebnis (denn wenn man die Kante dort in der Helligkeit weiter annäherte, wurde sie im Wagen um so deutlicher sichtbar).
Daneben gibt es Fotos, die man nur als Scan bekommt. Hier ist bisweilen die Scanqualität schon so kritisch, sodass man „zaubern“ muss, um dennoch passable Druckvorlagen zu erhalten: Diese erfordern nun einmal eine ausreichend hohe Auflösung und über den gesamten Bereich möglichst fein abgestufte Grauwerte.
Noch breiter ist die Palette bei Farbvorlagen: Das Nonplusultra sind ausgewogen belichtete Kodachrome- oder Ektachrome-Dias. Andere Dias, insbesondere wenn sie schon farblich von den Rändern her ins Blauviolette umkippen, sind eine Herausforderung, ebenso wie alte Farbnegativen oder alte (gelborange) Abzüge. All diese Bilder sollen nach Bearbeitung im Druck möglichst so brillant werden, wie heutige digitale Aufnahmen – ein Ding der Unmöglichkeit.
Auch diese ebenfalls im Buch abgedruckte knapp belichtet Schlechtwetterbild hatte es in sich und obendrein gefielen mir die Graffitis auf der Lok nicht, sodass intensives „Pixelschubsen“ angesagt war …
Farben und Farbprofile
Die Bildbearbeitung beginnt mit dem Angleichen der Farben, Tonwerte, Helligkeit und Kontraste im Photoshop und endet mit der Umwandlung von den Daten für die Monitordarstellung zu Druckdaten.
Gute Monitore können als Farbprofil das sehr brillante Adobe-RGB (RGB = Rot-Grün-Blau) anzeigen. Das nützt aber genau genommen nichts, denn allgemeiner Standard z.B. im Internet ist das einen kleineren Farbraum umfassende sRGB; aus diesem Grund speichere ich alle Farbbilder als tif-Datei in dem leicht verlustbehafteten sRGB ab.
Für den Druck müssen alle Bilder von RGB in cmyk (Cyan, Magenta, Yellow und Key Plate = schwarze Druckplatte zur Erhöhung der Farbtiefe und des Kontrastes) umgewandelt werden. Und hier gibt es gleich zwei Probleme: Zum einen ist der Farbraum von cmyk insbesondere im Blau- und Cyanbereich viel kleiner als bei RGB (ein leuchtend blauer Himmel kippt, wenn man nicht zuvor in RGB die Farbintensität reduziert hat, in grau um) und zum anderen lässt sich im Druck das strahlende Weiß eines durchleuchteten Bildschirms nicht wiedergeben. Hinzu kommt: Sehr dunkle Bereiche, die am Monitor durchaus noch erkennbare Zeichnung haben, können im Druck „absaufen“.
Auch Graustufenfotos haben ihre Tücken: Das übliche Farbprofil beim Scannen ist Epson Grey Gamma 2.2, das die beste Wiedergabe am Monitor durch die Mischung gleicher Anteile von rot, blau und grün in einem ausgeglichenen Kontrast gewährleistet. Aber bereits im Internet führt ein solches Bild zu keiner einheitlichen Wiedergabe, sondern ist von dem Ausgabemonitor abhängig; für’s www hilft nur, alle Graustufenbilder in sRGB umzuwandeln. Für den Druck ist aber weder RGB noch Epson Grey Gamma geeignet: Graustufenbilder werden daher in der Regel in Dot Gain 15% umgewandelt, was wiederum am Monitor viel dunkler als im Druck dargestellt wird …
Gemein bei den unterschiedlichen Farbprofilen ist: Hat man übersehen einen RGB-Scan in ein Graustufenbild umzuwandeln ist der Unterschied in der Monitordarstellung so gering, dass man es nicht erkennt, schließlich werden ja auch die Graustufenbilder durch RGB dargestellt (s.o.). Selbst bei den (nicht gerasterten) Druck-pdf fällt es noch nicht auf und dann findet man im fertigen Buch doch noch das eine oder andere Graustufenbild, das einen leichten Farbstich hat … 🙁
Güterwagen Band 10
Abschließend ein letztes Update: Vielleicht werden an dem weiterhin aktuellen Erscheinungstermin (15. Oktober) einige Leser ihre Bücher bereits in Händen halten. Und wer das Buch sehr frühzeitig direkt bei der Lokomotive Fachbuchhandlung oder der Modellbahn Union vorbestellt hat und daher in den Versandlisten ganz oben steht, darf sich freuen, wenn es möglicherweise (!) sogar schon ein paar Tage eher ankommen sollte, aber hunderte von Büchern zu verpacken und zu versenden benötigt auch Zeit …
Derzeit arbeiten andere daran, dass die Bücher pünktlich angeliefert werden und dann wie vorgesehen versendet werden können, während Silke, Willy und ich unseren Urlaub genießen.
Saluti dal lago di Garda
Stefan Carstens