Hallo aus Hamburg,
vorab: Auch wenn das neue Jahr schon wieder fast zwei Wochen alt ist, für die verbleibenden 50 Wochen wünsche ich allen Lesern alles Gute.
Und nun zum Thema: Was hat die oben abgedruckte Skizze mit Eichhörnchen zu tun? Nichts, aber mit „mühsam“ schon, allerdings geht es hier nicht um die Ernährung, sondern um die Recherche. Bereits bei der Gliederung von Güterwagen Band 10 war ich an der besonderen Bauform dieser Wagen hängen geblieben. Zum einen passte die Form der Tiefladebrücke nicht zu den damals gebauten Wagen und zum anderen: Warum besaß er zwei Handbremsen?
Die Erklärung brachten dann ein ausgedehnter E-Mail-Austausch und etliche Telefonate mit Paul Scheller.
Das Foto stammt von Van der Zypen & Charlier und befindet sich bei der Stiftung des Rheinisch Westfälischen Wirtschaftsarchivs, digitalisiert von der Universität zu Köln: Arachne. Gebaut wurden diese Wagen im Ersten Weltkrieg für Eisenbahngeschütze: Lafetten mit Kanonen mittleren Kalibers, die auf die Tiefladebrücke gestellt wurden. Damit die Wagen durch den Rückstoß beim Schießen nicht zurückrollten, mussten sie möglichst gut gesichert werden, wobei die beiden Handbremsen allein vermutlich noch nicht ausreichten, sondern durch Radvorleger ergänzt wurden.
Nach Kriegsende wurden die in Deutschland verbliebenen Wagen „entmilitarisiert“: Die Aufbauten und Plattformverbreiterungen wurden abgetrennt. Das Verzeichnis der Wagen für außergewöhnliche Transporte der Deutschen Reichsbahn-Gesselschaft von 1925 nennt neun solcher Wagen, denen man bereits damals ein Bremserhaus „angedichtet“ hatte. Allerdings sind in diesem Verzeichnis ohnehin sehr viele Fehler zu finden …
Einen weiteren Wagen verkaufte das Deutsche Reich an die Spedition Ristelhueber in Mannheim. Einige wenige Wagen überdauerten auch den Zweiten Weltkrieg und kamen zur DB und DR.
Und passend zum Thema Eisenbahnartillerie: Die häufig aufgestellte Behauptung, Drehgestelle von Tiefladewagen stammen aus Geschützen, entbehrt in vielen Fällen jeglicher Grundlage. Nicht so bei einigen Drehgestellen acht- und zehnachsiger Tieflladewagen, die Anfang der 20er-Jahre gebaut wurden. Für neun Wagen lässt sich eine derartige Herkunft der Drehgestelle belegen, bei einem war bei der Ablieferung sogar die Wagennummer des Ursprungswagens angeschrieben.
Auch hier haben inzwischen Hermann Jahn, Paul Scheller und Wolfgang D. Richter Licht ins Dunkel gebracht und ich brauchte die Doppelseite dann „nur noch“ aufzubereiten (nachfolgend die noch vorläufige Fassung) …
Noch ein Bahnhofswagen
Zum Thema Bahnhofswagen schickte mir Markus Manske Ende letzten Jahres ein Bild vom 27. Mai 1989 aus Ravensburg.
Dort wurde 1989 der als Bahndienst- bzw. Dienstgüterwagen am 9. 7.88 ausgemusterte ehemalige SSlma 44 918 945 – R 672 380 0 932 – Rkk 672 381 0 822 nun als Bahnhofswagen 79035 stationiert.
Anlass dafür war eine Beschwerde der Maschinenbaufirma Escher Wyss. Deren Werksgelände war schienenseitig nur über eine 10-m-Waggondrehscheibe erreichbar, über die die Wagen mit einem Kleinschlepper druckluftgebremst mit Drahtseilen ins Werk gezogen wurden. Im Werk wurde dann fallweise mit einem zweiachsigen Wyhlen-Kran rangiert!
Durch den Einsatz neuer Rs-Wagen, deren Drehgestelle nicht wie bei älteren Bauarten um 90° gedreht werden können, war die Bedienung des Werksanschlusses nicht mehr möglich. Die DB bot als Abhilfe an einen R-Wagen älterer Bauart vorzuhalten, sodass ankommende Güter im Bahnhof Ravensburg auf diesen Bahnhofswagen umgeladen und dann ins Werk gebracht werden konnten … Ehemalige DB-Mitarbeiter des Bahnhofs Ravensburg können sich nicht daran erinnern, dass das jemals geschehen ist. Ab Anfang der 90er-Jahre diente der Wagen, zusammen mit sechs ausgemusterten Rs 680 als Lagerplatz für leere Container im örtlichen Terminal.
Soweit die heutigen Aktualisierungen. Zwei weitere Beiträge zu bereits erschienen Büchern und Broschüren sollen demnächst folgen.
Viele Grüße
Stefan Carstens