Hallo aus Hamburg,
so geht es mir fast immer 🙁 : Ein Buch oder eine Broschüre ist redaktionell fertig und soll in Produktion gehen – in diesem Fall diese hier: Bald wird’s ernst – und dann bekommt man noch Bilder, von denen sicherlich das eine oder noch hätte abgedruckt werden können. Konkret: Wie in meinem letzten Beitrag geschrieben, hatte mir Olav Kettner kürzlich die ersten mehrfach gewässerten Negativstreifen vorbeigebracht und ich bin auch in Bezug auf Chemiekesselwagen von einer Ohnmacht in die Nächste gefallen. Daher an dieser Stelle einige Bilder als Ergänzung zu Güterwagen 9.1 und 9.2:
Den Anfang macht einer der zehn 1956 von der Waggonfabrik Uerdingen für die EVA gebauten Aluminiumkesselwagen. Diese Wagen waren für die langfristige Vermietung an Henkel in Auftrag gegeben worden und wurden nicht auf den Namen der EVA bei der DB eingestellt, sondern von Henkel selbst. Erkennbar als EVA-Wagen waren sie nur an einem Eigentumsschild innen am Langträger und für den Eingeweihten an der Wagennummer aus dem EVA-Nummernbereich (s. GW 9.2 S. 178).
Die folgenden Wagen sind alle älter: Der 556 444 [P] von Hoechst, den Dr. von Cosel 1966 am Zugschluss eines durch Marburg fahrenden Güterzugs fotografierte, war auf dem Untergestell eines Topfwagens aufgebaut und ähnelte dem in GW 9.1 auf S. 141 abgebildeten 001 3 353, war aber nur 9,30 m lang.
Der 000 5 993 der Salzgitter Chemie GmbH wird in GW 9.1 auf S. 108/109 vorgestellt, in der Broschüre werden weitere Fotos und außerdem ein Modellbauartikel folgen. Über 300 solcher 14-m³-Aluminiumkesselwagen wurden während des Zweiten Weltkriegs von der Wifo beschafft und kamen nach 1945 u.a. zur VTG und den Norddeutschen Chemischen Werken in Lüneburg, die in den 60er Jahren Bestandteil der Salzgitter Chemie wurden – später zu Veba-Chemie und Hüls (s. GW 9.1 S. 112).
Die meisten Wagen und Loks der Unterharzer Berg- und Hüttenwerke stammten aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Das Bild zeigt einen nach Austauschbau-Grundsätzen gebauten Schwefelsäurewagen der Bleihütte Oker (s. GW 9.1 S. 72/73)
In Güterwagen 9.2 hatten wir ursprünglich auch einen Beitrag über die Natra geplant (im Inhaltsverzeichnis steht das sogar noch), aber ganz zum Schluss zugunsten der ausführlicheren Vorstellung der Metallgesellschaft geopfert. Ausschlaggebend war, dass bei der Natra die Wagen eher uninteressant waren, da überwiegend Standardbauarten.
Interessanter war die Firmengeschichte: Die Natra GmbH wurde 1960 als Nahrungsmittel-Speditionsgesellschaft in Frankfurt zur Übernahme des Wagenparks der Maggi AG gegründet. Diese 33 Wagen hatten mehrheitlich das Ende der Nutzungszeit überschritten und mussten z.T. dringend ersetzt werden. Von 1961 bis 1964 beschaffte die Natra zwölf Neubauten, alle mit Obenentleerung und Chemiedom, Überlaufschürze und Ablaufrohr. Einige Wagen erhielten nachträglich eine Untenentleerung. 1972 musste die Natra zwei weitere alte Säurekesselwagen durch Neubauten ersetzen, nun mit Graaff-Untergestellen.
1987 verkaufte die Natra zwei Wagen an Rexwal und einen an Aher, vier weitere gingen 1992 an On Rail. 1995 übernahm die Nestlé Deutschland die noch vorhandenen Wagen – vier aus den 60er-Jahren sowie die beiden von 1972 – wieder in die eigenen Regie und stellte sie beim Maggi-Werk in Singen ein. Neben diesen Neubauten existierte aber mindestens ein alter Wagen auch noch in der zweiten Hälfte der 60er-Jahre.
Bereits um 1955 fotografierte Rudo von Cosel in Edewecht eine Uraltkesselwagen der Maggi Ges.m.b.H. Singen – sein Aluminiumtank war noch auf Holzbohlen gelagert und mit Spanngurten und -stangen gesichert.
Und diese „uralte Gurke“ (oder möglicherweise ein baugleicher Wagen) erlebte, inzwischen als Natra-Wagen mit einer UVV-gerechten Arbeitsplattform, sogar noch die Umzeichnung, wie das Foto aus Edewecht belegt.
Grüße aus Hamburg
und frohe Ostern
Stefan Carstens