Fahrbare Tankanlagen
Peter Wolf gab kürzlich einige interessante Hinweise zu der „Fahrbaren Tankanlage“ in Erlangen, dem Bahnhofswagen 72107. Der anschließende Austausch brachte weitere Informationen zutage.
Für alle, die das Buch Bahndienst- und Dienstgüterwagen Band 1 noch nicht haben: 1. – schwerer Fehler … 😉 … 2. – es geht um diese Wagen (ausführlich beschrieben in dem Buch auf S. 194 ff.):
Die von Beuchelt 1943/44 gebauten Wagen dienten zum Sauerstofftransport, nicht nur nach Peenemünde. Nach dem WK II kamen etliche zur DB und DR (und anderen europäischen Bahnverwaltungen) und wurden hier zu normalen Tiefladewagen – ausführlich werden wir das auch in Güterwagen Band 10 beschreiben –, Wasserwagen und bei der DB z.T. auch zu Fahrbaren Tankanlagen umgebaut.
In diesem Blogbeitrag geht es aber ausschließlich um die Fahrbaren Tankanlagen, ursprünglich zur Betankung von Dieselloks gebaut, um diese auch dort betanken zu können, wo nach 1950 noch keine entsprechende Infrastruktur vorhanden war.
Einzelne dieser Tankstellen existierten bis in die zweite Hälfte der 80er-Jahre und standen zum Schluss als Bahnhofswagen in Betriebswerken herum, die aber längst Tankstellen zur Diesellokversorgung besaßen, wie z.B. der 72107, den Svetlana Linberg noch 1987 im Bw Weiden aufgenommen hat. Zuvor stand der Wagen in Erlangen.
Peter Wolf schrieb von einem Zeitzeugenbericht, dass der Wagen in Erlangen als Tankstelle für Wasser diente und zwar für Heizwasser für die auf der Strecke nach Herzogenaurach eingesetzten V 100, die bis 28. September 1984 mit Personenzügen dorthin fuhren. Mit dem Ende des Dampflokeinsatzes nach Gräfenberg und Herzogenaurach wurde die Wasserversorgung beim ehemaligen Lokschuppen zurückgebaut.
„Es wurde ja nicht nur während der Fahrt geheizt, sondern die Wagen auch während der Standzeiten warmgehalten. Der Wasservorrat dürfte nicht für einen gesamten Tag ausgereicht haben, so dass vormittags (?) einmal nachgefüllt werden musste, wenn man mal davon ausgeht, dass die Lok über Nacht ins BW nach Nürnberg einrückte (das kleine BW von Erlangen war zu der Zeit längst aufgelöst), und dort betankt werden konnte. Der Dieselvorrat reichte gut für so eine Tagessschicht. Der Standort in Erlangen ist genau passend zum Abfahrtsgleis nach Herzogenaurach und der Platzierung der Lok, so dass in den Wendepausen ohne weitere Rangierarbeit Wasser nachgefüllt werden konnte. Die Erlanger Bahnhofslok (Köf) hätte die Dieseltankstelle gar nicht erreichen können, solange der Zug nach Herzogenaurach am Bahnsteig stand. Dafür hätte man bestimmt einen besseren Platz finden können.“
Für mich klingt das schlüssig, wobei irritiert, dass der Wagen bis zum Schluss die Aufschrift „Feuergefährlich“ behielt.
Ein weiterer Bahnhofswagen war der in o.g. Buch abgebildete, in Coburg aufgenommene Bahnhofswagen 72061. Er besaß 1971 augenscheinlich noch Schläuche mit Zapfpistolen, war also wohl noch als Dieselloktankstelle im Einsatz.
Obendrein hätte ein Wasserwagen in Coburg zu der Zeit noch keinen Sinn ergeben: Zwar endete die Dampflokunterhaltung in Coburg 1969, aber bis 1973 waren hier noch Hofer 86 planmäßig im Einsatz – so wie 086 493, die uns der Bereitschaft habende Lokführer am 4. August 1972 netterweise aus dem Schuppen fuhr. Zu der Zeit stand regelmäßig noch mindestens eine Hofer 86 in Coburg, um bei Ausfall einer Diesellok einspringen zu können.
Noch das volle Programm erlebte Peter Driesch am 2. Mai 1969 in Coburg.
Und wegen akuten Lokmangels hatte man sich sogar 064 367 aus Aschaffenburg ausgeliehen …
Am 20. März 1973 war endgültig Schluss: 086 160 fuhr als letzte 86 Lz von Coburg nach Hof – kurz vor dem von 052 180 gezogenen Ng 16825, für den ich eigentlich an dieser Stelle stand … und der im Banner meiner Homepage steht.
Zurück zum Thema. Zumindest für einen Wagen ist die Nutzung als Tankanlage für Wasser tatsächlich nachgewiesen. Klaus Mayen nahm den „Dienstgutwagen 234 für entsalztes Wasser“ 972 3 086 im Jahr 1978 oder 1979 im Gleisbauhof Opladen auf. Der Wagen war augenscheinlich aus einem „normalen“ Wasserwagen umgebaut worden und hatte zur Isolierung eine zusätzliche Einhausung erhalten. Neben der Tür zum Pumpenraum stand: „Ab 01. Okt. Förderpumpe entwässern Frostgefahr“.
Viele Grüße
Stefan Carstens
ps: Ergänzungen zu dem Thema sind willkommen.
pps: … und vor ein paar Tagen habe ich die Druckfreigabe für die Broschüre Modell&Vorbild 1/2023 erteilt … 🙂